Dagesh-Studio on the Road #Sukkot Edition vom 5.–12. Oktober 2025 in Chemnitz | Ausstellung „Zwischen Schutz und Fragilität“

          

Die Räume für künstlerisches Arbeiten, Austausch und Rezeption jüdischer Künstler*innen in Deutschland haben sich in den letzten Jahren stark verändert. In Zeiten, in denen jüdische Stimmen sich vermehrt zurückziehen müssen, baut Dagesh als einmaliger Aushandlungsort und Netzwerk jüdischer Künstler*innen in Deutschland auf Sichtbarkeit und Begegnung. Wie dies fernab urbaner Zentren gelingen kann, hat die Ausstellung “Zwischen Schutz und Fragilität” mit der Sukkot Edition als Auftakt der bundesweiten Reihe Dagesh-studio on the Road in Chemnitz auf beeindruckende Weise gezeigt.

“Zwischen Schutz und Fragilität” verhandelt zentrale Motive von Sukkot und verknüpft sie mit aktuellen Diskursen. In einer Zeit globaler Krisen, gekennzeichnet durch Krieg, Flucht, Vertreibung und Klimakatastrophe, erhalten die jahrtausendealte Symbolik und die Tradition von Sukkot eine neue aktuelle Dringlichkeit. Sie verweisen auf gesellschaftliche Realitäten wie erzwungene Migration, das Leben marginalisierter Gruppen in urbanen Räumen oder den fragilen Rückzugsort des Privaten inmitten gesellschaftspolitischer Spannungen.

Die Ausstellung „Zwischen Schutz und Fragilität“ hat diese zentralen Themen und Motive von Sukkot aufgegriffen und aktuelle Arbeiten von unterschiedlichen Dagesh-Künstler*innen gezeigt. In ihren Werken setzen sich Abie Franklin, Alona Rodeh, Maja Gratzfeld, Ronny Aviram und Roy Mordechay aus einer zeitgenössischen, mehrdimensionalen Perspektive mit Themen wie Migration, Grenzziehung, Materialität, Erinnerung und dem prekären Gleichgewicht von Sicherheit und Freiheit auseinander. Sie stellen dabei die Frage, was es heute bedeutet, Schutz zu suchen – physisch, psychisch, spirituell.

                 

Während einer intensiven Woche in der Sukka im Stadthallenpark und in den Räumen des Chemnitz Open Space wurden in einem vielfältigen Rahmenprogramm aus Kuratorenführungen durch die Ausstellung, Konzerten, Lesungen und Gesprächsformaten und einem vielfältigen Ferienprogramm für Kinder und Jugendliche im Rahmen Dagesh On Tour-Workshops die vielfältigen Perspektiven und Positionen jüdischer Gegenwartskunst und zeitgenössische jüdische Positionen für die breite Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar gemacht. Neben dem öffentlichen Programm und den Bildungsangeboten wurden auch Vernetzungsanlässe für Dagesh-Künstler*innen realisiert, u.a ein Dagesh-Netzwerktreffen und eine Supervision für Künstler*innen und Bildungsreferent*innen des Bildungsprogramms Dagesh on Tour.

Zur Ausstellungseröffnung am 5. Oktober gaben eine Kuratorenführung und ein Künstler*innengespräch mit Kurator Daniel Laufer und den ausstellenden Künstler*innen Einblicke in die zentralen Themen, Motive und künstlerischen Perspektiven. Die Musikalische Rahmung des Eröffnungsabends gestalteten die Balagan Sisters mit einem DJ-Set.

           

Parallel zum künstlerischen Programm wurden in Kooperation mit dem Chemnitzer Bildungsträger  Arthur e.V. und den Tagen der Jüdischen Kultur Dagesh on Tour-Workshops zu Textil, Musik/DJing und Upcycling angeboten. Die Workshops stießen auf große Resonanz bei den Kindern und Jugendlichen; insbesondere der DJ-Workshop war so beliebt, dass sich viele eine Verlängerung wünschten. Darüber hinaus förderten die Formate den fachlichen Austausch zwischen Dagesh-Künstler*innen, Bildungsreferent*innen und lokalen Pädagog*innen. Die Zusammenarbeit stärkte die Präsenz von Dagesh in Chemnitz und weckte den Wunsch nach weiteren gemeinsamen Projekten – wie eine Teilnehmerin zusammenfasste: „Ich fühle mich hier so wohl und komme gerne wieder.“

Ein Konzert und Artist Talk mit dem Violinisten und Produzenten Alex Stolze mit Stücken aus seinem 2024 erschienenen Album Raash ve Ruach („Lärm und Wind“) öffneten am Abend des 7. Oktober einen Raum zum Gedenken, Reflektieren und Innehalten anlässlich des zweiten Jahrestags des Terrorangriffs der Hamas auf Israel.

Zum Abschluss der Dagesh-Studio on the Road #Sukkot Edition am 10. Oktober waren die Kinderbuchautorin Eva Lezzi  mit einer Lesung aus ihrem Roman “Die geheime Hütte im Wald” und die Künstlerin Mascha Rykhman alias Masha The Rich Man mit ihren Liedern und persönlichen Erzählungen zu Gast im Open Space.

Die Ausstellung und das vielfältige Rahmenprogramm stießen auf großes Interesse beim Chemnitzer Publikum. In den zahlreichen Begegnungen und Gesprächen zeigte sich auf eindrückliche Weise die Bedeutung dieses Formats und der einzigartigen Räume des Austauschs, das Dagesh als Plattform für jüdische Künstler*innen mit der Reihe Dagesh-Studio on the Road schafft – für eine neue Sichtbarkeit jüdischer Gegenwartskunst in der Gesellschaft.

Die Ausstellung wurde in Kooperation mit den Tagen der Jüdischen Kultur Chemnitz e.V. umgesetzt. Unser besonderer Dank für die wunderbare Zusammenarbeit gilt insbesondere Chris Münster (Tage der jüdischen Kultur e.V.), Tina Weber und dem Team des Open Space Chemnitz sowie allen Künstler*innen und Beteiligten vor Ort.

Fotos: Natalia Reich, Béla Bender